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Dankbarkeit ist eine Lebenskraft.

Die hawaiianische Lebensphilosophie ist durchdrungen von der Idee der Dankbarkeit. Wer den Aloha Spirit verinnerlicht, spürt, wie nach und nach immer mehr Dankbarkeit sanft in Geist und Herz einfließt und inneren Frieden bringt.

Auf Hawai’i bekam ich in einem Gottesdienst einmal von einer mir unbekannten sehr alten Frau mit strahlenden Augen einen Lei, einen Blumenkranz, geschenkt. Ich hatte mir den Kranz nicht verdient, ich hatte keinen Anspruch darauf, die Frau kannte mich gar nicht. Ich konnte und sollte ihn einfach froh und heiter annehmen. Und es war ein herzerwärmendes Erlebnis, die Freude an den herrlichen duftenden Blumen und dem kunstvoll gebundenen Kranz zu teilen.

 

Geben und nehmen

Geben und nehmen in einem guten Geist und ohne Hintergedanken ist für hawaiianische Menschen selbstverständlich. So selbstverständlich, dass sie nicht einmal ein Wort für danke” in unserem Sinne haben. Der Dank ist die Freude des Beschenkten. Ihm ein Lächeln oder gar ein Strahlen ins Gesicht gezaubert zu haben, ist vollkommen ausreichend. Es gibt zwar das Wort mahalo”, das in der Regel mit danke” in unserem Sprachgebrauch übersetzt wird. Es ist jedoch weit mehr als eine Höflichkeitsfloskel, seine eigentliche Bedeutung ist: Ich drücke dir meinen Respekt und meine Wertschätzung aus.”

 

Dankbarkeit ist eine Wertschätzung für das Leben.

„Mahalo“ umfasst eine tiefe Wertschätzung für das Leben in all seinen Facetten, für alles, was für uns im Leben schon bereitet ist und was uns einfach so zur Verfügung steht. In diesem Sinn ist Dankbarkeit ist eine Geisteshaltung, die die Fülle und den Reichtum unseres Lebens würdigt und seine Gaben zu schätzen weiß. Sie fordert keine Geschenke und ist das Gegenstück einer zügellosen Anspruchshaltung.

Lei‘ohu Ryder, eine spirituelle Mentorin und Musikerin, sagt, dass wir kraft der Dankbarkeit einen Teppich von Liebe und Wertschätzung knüpfen, der uns alle verbindet. Er kann gerade in anstrengenden oder verstörenden Situationen und in Momenten, in denen wir Schwierigkeiten haben, Menschen oder das Leben anzunehmen, Frieden und Heilung bringen. Möglich wird es, wenn wir uns erlauben, dann einfach nur ganz präsent zu sein und uns vom Geist der Dankbarkeit berühren zu lassen. Wenn wir im Geiste von Mahalo durch das Leben gehen und miteinander umgehen, entstehen Großmut und dankbare Verbundenheit auf ganz natürliche Weise.

 

Großzügigkeit schenken und annehmen

Das, was uns gegeben wird, kann auf ganz leichte Art sehr viel Wärme und Freude in unser Leben bringen. Es lohnt also darüber nachzudenken und nachzuspüren, mit welchen Symbolen, Gesten oder Worten sich dieser Geist des Empfangens und Annehmens in unserer Kultur und in unserem Leben gestalten lässt. Wie aufmerksam und offen bist du für das, was dir an Wertschätzung, Zuneigung, Ehre entgegengebracht wird? Betrachtest du nicht nur materielle Dinge, sondern auch wohlwollende Angebote, Gefälligkeiten, Aufmerksamkeiten oder Komplimente als Geschenk? Wie drückst du deine Freude darüber aus? Wie lässt du das Gefühl aufblühen, dass du es wert bist?

Im kostenlosen Workshop einer hawaiianischen Heilerin steht nur ein Körbchen bereit, in das man eine Spende für ein soziales Projekt der Leiterin geben kann. Als ich nach einem Anhaltspunkt frage, welcher Betrag üblich und passend sei, wird mir gesagt: „Gib, was du für angemessen hältst, und sei dabei großzügig.“

Freigebigkeit und Großzügigkeit sind für Hawaiianer selbstverständliche Alltagswerte, sie betrachten es als Geschenk, wenn sie in der Lage sind, großzügig sein zu können. Und dieses Geschenk nehmen und geben sie gerne. Wir tun uns dagegen manchmal eher schwer mit der Freigebigkeit anderer Menschen umzugehen. Etwas anzunehmen ohne Gegenleistung verbinden wir oft mit dem unangenehmen Gefühl etwas schuldig zu bleiben. Weil das ungewohnt und eher peinlich ist, schmälern wir die freundliche Geste mit Bemerkungen wie Das wäre doch nicht nötig gewesen.” oder setzen uns selbst herab mit Womit habe ich denn das verdient?” Letztlich versagen oder schmälern wir dem Gebenden damit das unbefangene Vergnügen, uns zu ehren und zu erfreuen und an unserer Freude teilhaben zu können. Das gilt nicht nur für materielle Geschenke und Gefälligkeiten. Selbst Komplimente wehren wir nicht selten ab, indem wir sie abschwächen oder in Frage stellen.

 

Die Freude der Dankbarkeit

Achte einmal darauf, was dir alles im Alltag von jemandem geschenkt wird: ein Sitzplatz im Bus, eine Arbeit, die jemand an deiner Stelle erledigt, ein freundlicher Gruß, ein persönliches Kompliment oder eine überraschende Aufmerksamkeit. Wenn du erst einmal deine Antennen darauf ausgerichtet hast, wirst du dich wundern, was du tagtäglich an Geschenken in deinem Leben entdecken kannst. Nimm sie wertschätzend an, indem du sie mit offenem Herzen wahrnimmst und deine Freude darüber zeigst. Mehr hast du nicht zu tun, um den Geist und die Kraft der Dankbarkeit auszustrahlen und weiterzugeben!

„Freude ist die einfachste Form der Dankbarkeit.“ erklärt Karl Barth. Widerstehe also der Gewohnheit, Gefälligkeiten und Geschenke für nicht nötig” zu erklären oder dich sofort mit Gegenleistungen zu revanchieren. Dankbar sein umfasst auch, das unbeschwerte und freudige Annehmen genießen zu lernen.

Unabhängig davon kannst du dich nach deinen Möglichkeiten und Fähigkeiten einbringen, wo immer sich eine Gelegenheit dafür bietet. Und so mit anderen die Freude der Dankbarkeit teilen.

2 Kommentare
  1. gisela liedtke sagte:

    Danke, danke das hat mir gerade noch gefehlt. Ich bin so eine, die gerne gibt, aber ich kann nicht ohne Bemerkungen zu machen etwas annehmen – oder nur mit dem Gedanken, wie kann ich mich revanchieren. Wenn ich etwas geschenkt bekomme, will ich es im gleichen Wert zurückgeben – so ein Blödsinn — Ich werde mir eine Eselsbrücke bauen und annehmen üben und mich freuen. Ich freue mich über deine Berichte, danke
    lg. Gisela Liedtke

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